Geschichte des Stadttheaters
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Der Beginn
18. & frühes 19. Jahrhundert
Das Stadttheater Leoben ist das älteste bürgerliche Theater Österreichs und feierte 2015 sein 225-jähriges Bestehen. Schon im 18. Jahrhundert wurde in Leoben Theater von BürgerInnen für BürgerInnen gespielt: Ab 1790 wurden die Räumlichkeiten in der Homanngasse 5, das „Hofstätterische Haus“, als Theater adaptiert.
Die finanziellen Mittel für den Umbau wurden zu großen Teilen von der Bevölkerung selbst aufgebracht. Das Theater wurde von einem Verein geführt und der erwirtschaftete Gewinn kam wohltätigen Zwecken zugute. Um 1830 hatte das Theater bereits eine 18-köpfige Spieltruppe. In dieser Zeit besuchten viele Könige, darunter Carl X. von Bourbon, die Königin von Neapel und der König von Sachsen, auf ihren Reisen das Theater in Leoben.
Erste Blütezeit
Spätes 19. Jahrhundert
Während anfänglich nur Laien auftraten, bildete sich nach und nach ein eigenes Ensemble. Als 1861 das Theater von der Gemeinde übernommen und auch subventioniert wurde, begann eine neu Ära. 1864 trat der bekannte Dichter Ludwig Anzengruber in einer Aufführung von „Kabale und Liebe“ im Stadttheater Leoben auf.
1891 wurde das hundertjährige Bestehen des Theaters gefeiert (mit einjähriger Verspätung). Dies war Anlass für bemerkenswerte Leobener Erstaufführungen wie Johann Nepomuk Nestroys „Lumpazivagabundus“, die „Gespenster“ von Henrik Ibsen oder der „Freischütz“ von Karl Maria von Weber.
Mit der Saison 1898/99 kam die Operette nach Leoben, die zuvor in Graz große Erfolge gefeiert hatte. Am Spielplan standen Johann Strauß‘ „Fledermaus“, „Der Zigeunerbaron“ oder Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“.
Aufschwung & Wohltätigkeit
Frühes 20. Jahrhundert
In der Spielzeit 1900/01 wurde erstmals Goethes „Faust“ in Leoben aufgeführt. In den frühen 1900er-Jahren erlangte das aufstrebende Leobener Theater große Bekanntheit und Hofschauspieler bewarben sich um Gastspiele. Viele bedeutende Werke wie „Don Carlos“, „Die Räuber“, „Maria Stuart“, „Emilia Galotti“, „Othello“ und „Hamlet“ standen am Spielplan.
Der 1. Weltkrieg unterbrach das goldene Zeitalter des Theaters. Es fehlt an Publikum und an Personal, die städtischen Subventionen wurden eingestellt.
1915 übernahm schließlich der langjährige Direktor Robert Roberti das Theater. Er stellte das Haus wieder in den Dienst der Wohltätigkeit – Witwen, Waisen und Kriegsspitäler wurden unterstützt.
Aufgeführt wurden unterhaltsame Stücke, um die Menschen vom Kriegsgeschehen ein wenig abzulenken. Nach Kriegsende wurde das Theater aufgrund der wirtschaftlichen Notlage zeitweilig als Kino genutzt. Erst 1921 wurde wieder ein ständiges Ensemble eingerichtet. Ein Höhepunkt der 1920er-Jahre war ein Gastspiel der damals noch wenig bekannten Paula Wessely im Jahr 1928.
Wirtschaftlich & politisch schwere Jahre
Ab 1930
Das Haus erlebte Jahre der Unsicherheit. Immer wieder blieben die Ränge leer, da sich die wirtschaftliche Situation in Österreich verschlechtert hatte. Die SchauspielerInnen erhielten ihre Gagen nur noch in Raten ausbezahlt.
Um das 140-jährige Bestehen 1931 gebührend zu feiern, fehlte das Geld. Man begnügte sich mit einer Jubiläumswoche und führte „Faust“ und „Weh dem, der lügt“ auf. Auch die politische Lage lud die Zuschauer nicht ins Theater ein: Wer nicht musste, vermied es am Abend außer Haus zu gehen.
Theater im Nationalsozialismus
1938 bis 1945
Mit dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistisch regierte Deutsche Reich wurde das Stadttheater Leoben zur „Alpengaubühne“. Bald wurde diese jedoch aufgelöst und das „Steirische Landestheater“ gegründet – dieses war allerdings nicht mehr in Leoben, sondern in Graz niedergelassen. Zum 150-jährigen Jubiläum 1941 gastierte das Ensemble des Stadttheaters Baden mit dem Stück „Die Nibelungen“ in Leoben.
Neubeginn & Renovierung
Ab 1950
Mit Kriegsende kam die Lust aufs Theater zurück. Bereits 1945 bemühte man sich, ein eigenes Ensemble aufzubauen und die Bühne als Dreistädte-Theater für Leoben, Bruck an der Mur und Kapfenberg zu etablieren.
Ein Glanzpunkt war 1949 eine Freilichtaufführung des „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal mit Attila Hörbiger in der Titelrolle vor der imposanten Kulisse der Stadtpfarrkirche Leoben. Diese Aufführung bildete jedoch gleichzeitig das letzte Zusammenwirken des Leobener städtischen Ensembles, welches aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu halten war.
Der langjährige Leiter Robert Roberti ging 1962 – im Alter von 80 Jahren – in den Ruhestand. 1965 wurde der Innenraum des Theaters erneuert, sodass heute nur mehr die Stuckdecke an die Zeit des Historismus erinnert. Im Jahr darauf feierte das Theater sein 175-jähriges Bestehen mit der österreichweiten Erstaufführung der Haydn-Oper „Untreu lohnt sich nicht“.
In den 1970er und 1980er Jahren wurde das Stadttheater hauptsächlich von den Vereinigten Bühnen Graz und unterschiedlichen Tournee-Bühnen bespielt.
Operette & junge Bühne
1990 bis heute
In den letzten beiden Jahrzehnten gastierten im Stadttheater Leoben unzählige renommierte SchauspielerInnen, EntertainerInnen und KabarettistInnen: Von Götz George bis O.W. Fischer, von Senta Berger bis Otto Schenk, von Alfons Haider bis Elfriede Ott. Das Theater-Duo Steinbauer/ Dobrowsky zählt ebenso zu den Stammgästen wie Kabarett-Aufsteiger wie Thomas Stipsits und Manuel Rubey.
Im Jahr 1995 erfolgte mit der Operette „Die Fledermaus“ der Start für Musical- und Operetten-Eigenproduktionen, einem gemeinsamen Projekt des Stadttheaters Leoben, der Musik- und Kunstschule Leoben und der Kunstuniversität Graz. Bis zum Jahr 2009 wurden insgesamt 15 Stücke aufgeführt, von der „Csárdásfürstin“ bis zu „Kiss me Kate“. Die leitenden Personen Prof. Dir. Horst Zander, Dir. Hannes Moscher und Prof. Karl-Heinz Tinti wurden 2001 für ihr künstlerisches Schaffen mit dem Kulturpreis der Stadt Leoben ausgezeichnet.
Seit 2010 gastieren jährlich renommierte österreichische Operetten-Ensembles in Leoben. Der Verein „Junge Bühne Leoben“ setzt die Tradition des Leobener Kindermärchens fort und bringt eigene Märchenproduktionen auf die Bühne.
Das Leobener Stadttheater umfasst heute 283 Sitzplätze und 105 Stehplätze.
Quellen: Festschrift 175 Jahre Stadttheater Leoben, 1965; Stadt Leoben, Amtliche Nachrichten und Informationen 9/21. September 1990; Günther Jontes: Leoben – ein Führer durch einst und heute, 1995.